STORYTELLING IN DER INDUSTRIE
– Mehr als „Es war einmal…“


GESCHICHTEN ERZÄHLEN, UM PRODUKTE VORZUSTELLEN

FUNKTIONIERT STORYTELLING AUCH IN DER INDUSTRIE?

Seit Jahrhunderten benutzen Menschen Geschichten zur Unterhaltung und um wertvolle Lektionen weiterzugeben – früher am Lagerfeuer, später in Büchern und heute in der virtuellen Realität. Viele Werbeexperten betonen, wie wichtig Storytelling als B2B-Marketing-Werkzeug sei. Je spannender ein Produkt oder eine Dienstleistung präsentiert werde, desto länger bleibe der Inhalt im Gedächtnis. Kommunikationswissenschaftler argumentieren, dass sich Emotionen besser einprägen, mit Geschichten könne man sie sehr gut wecken. Aber wie gut funktioniert Storytelling in der Industrie?

Dieses Marketing-Werkzeug bietet also die Chance, ein Unternehmen sowie dessen Produkte und Dienstleistungen positiv im Gedächtnis von potenziellen Kunden zu verankern. In der Kommunikation mit dem Endverbraucher nutzt man dieses Instrument seit langem. Aber funktioniert es auch bei Werbung?

WIE GEHT MAN DAS STORYTELLING BEI THEMEN AN, DIE SICH UM KOMPLEXE TECHNISCHE FAKTEN DREHEN?

Es gibt zahlreiche Fälle von geschickt eingesetztem Storytelling für diesen Bereich, ein erfolgreiches Beispiel stammt von Volvo Trucks: Der schwedische Fahrzeugbauer ist einer der größten Lastwagenhersteller der Welt. Die Lkw scheinen auf den ersten Blick nicht für ein emotionales Kommunikationskonzept geeignet zu sein. Warum hat sich Volvo also 2013 für eine solche Form der Ansprache entschieden?

Die auf Storytelling basierende Volvo-Kampagne ist direkt nach dem Start viral um die Welt gegangen. Der hierfür produzierte Video-Clip mit dem Titel „The epic split“ erreichte bis heute weit über 100 Mio. Aufrufe. In dem Film spreizt sich Schauspieler Jean-Claude van Damme über eine Minute lang im Spagat zwischen zwei rückwärtsfahrende, 500 PS starke Volvo-Lastwagen. Obwohl es das Video um die Welt geschafft hat, ist es eigentlich nur eines von vielen in einer Reihe von Geschichten von Volvo Trucks. Sie finden die Videos auf YouTube unter „Volvo Trucks Live Tests“. Die kurzen Filme, die Spannung mit technischem Hintergrund verbinden, erscheinen auf einem extra dafür geschaffenen YouTube-Kanal.

InDustrial Storytelling: Beispiel

Volvo ist es gelungen, mit Storytelling Emotion und Spannung zu erzeugen. Dies sind zwei der wichtigsten Bausteine. Nur, wie findet man die Ideen, die man benötigt, um eine spannende Geschichte zu erzählen?

Oft finden sich Themen aus den direkten Arbeitsbereichen in den Unternehmen, beispielsweise über die Mitarbeiter. So kann bei einer Geschichte anschaulich werden, welche Menschen einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.

Es reicht natürlich nicht aus, ein spannendes Thema zu finden. Es muss zudem auch interessant und kreativ aufbereitet werden. Um das zu schaffen, braucht es – genau wie in jeder anderen guten Geschichte – eine Thematik, einen Helden, eine Tat, einen Komplizen, etwas Gefahr oder Spannung und ein Happy End. Der Anfang der Story ist dabei essenziell: Er muss zunächst einmal spannend sein aber zugleich relevant für den Betrachter sein. Aber genauso wichtig ist der Spannungsbogen: Er schickt den Zuschauer oder Zuhörer auf eine Reise und lässt ihn einen „Wow-Moment“ erleben. Dem Ganzen folgt ein Ende, das in Erinnerung bleibt. Hier wird die Kernbotschaft vermittelt, z. B. was der Zuschauer als Nächstes tun soll, also der sogenannte „Call to Action“.

Heldengeschichten

Gut gemachte Geschichten werden aus der Perspektive des Helden erzählt. Ein „Held“ kann ein Mitarbeiter, Kunde, Geschäftsführer oder auch ein Produkt sein, das dann auf eine sogenannte „Heldenreise“ geschickt wird. Diese führt entlang des Spannungsbogens über Hindernisse, Irrtümer und Verwirrungen bis hin zu einem eindrucksvollen Ende.

Jede Geschichte muss mediengerecht aufbereitet werden und kann in die gesamte Unternehmenskommunikation einfließen: Vielleicht wird die Langversion der Story auf der eigenen Website erzählt. Für Facebook muss das Thema in kleinen Happen vorbereitet werden. Auf Instagram kann man die Story anreißen mit einem Bild, das Aufmerksamkeit erregt. Und auf YouTube kann das Ganze entweder als spannender Trailer vorgestellt oder beispielsweise ein lustiges Video vom Dreh ergänzt werden.

Die Story soll je nach Zielgruppe und Kanal angepasst sein. Besonders wichtig ist, dass die Botschaften gleich zu Beginn definiert werden und mit den Interessen der Zielgruppe abgestimmt sind. So kann Storytelling, richtig angewendet, auch im Industrie-Marketing gut funktionieren. Auch ohne das klassische “Es war einmal…”.

STORYTELLING IN DER INDUSTRIE: WORAUF KOMMT ES AN?

Finden Sie einen qualifizierten Partner – intern oder extern – der Ihr Unternehmen und die Produkte oder Dienstleistungen versteht. Das gilt auch für die Umsetzung: Vermeiden Sie beispielsweise unprofessionelle, selbstgemachte Filme.

Überlegen Sie sich vorab ein konkretes Ziel: Was soll der Zuschauer tun, nachdem er die Story gelesen oder gesehen hat? Warum wollen Sie ihn dazu motivieren? Fragen Sie sich außerdem, ob die Story zu einem besseren Verständnis Ihres Unternehmens bzw. den Produkten führt. Dabei geht es nicht um die technischen Eigenschaften und Daten der Produkte, sondern um den individuellen Nutzen für den Kunden.

Die Story muss individuell genug sein, um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu wecken. Außerdem ist wichtig, dass zwischen der Story, dem Unternehmen und dessen Produkten oder Dienstleistungen ein logischer Zusammenhang besteht. Der Erzählstil und die Geschichte sollten zu dem verfolgten Ziel und zum Unternehmen passen.

Storytelling darf sich nicht auf die Website oder den Blog beschränken. Erhöhen Sie Reichweite und Präsenz, indem Sie den Inhalt in verschiedene digitale Formate umwandeln. Eine Geschichte, die ursprünglich auf YouTube zu sehen war, kann u. a. auch als E-Book, als Infografik oder in Mailings funktionieren.

Erschienen:
WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2018, Seite 40

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